„Online-Selbsttests“ sind kein zulässiger 3G-Nachweis
Friday, November 26, 2021

Nachdem nun auf Grundlage des IfSG bundesweit eine „3G-Pflicht“ für Betriebe und ihre Mitarbeiter gilt, taucht vermehrt die Frage auf, inwieweit Mitarbeit den erforderlichen Nachweis mit sog. „Online-Selbsttests“ erbringen können, die von verschiedenen Anbietern zum Teil kostenlos online angeboten werden. Die Antwort ist kurz und eindeutig: Gar nicht.

Online-Selbsttest ist kein zulässiger 3G-Nachweis

Bei den im Internet kursierenden Angeboten für „Online-Selbsttests“ werden insbesondere die drei foglenden „Testverfahren“ angeboten:

  1. Die Durchführung eines Selbsttests, der mit dem jeweiligen Datum und den Initialien des sich selbst Testenden markiert und vor und nach Durchführung des Selbsttests fotografiert wird. Zusätzlich ist lediglich ein Fragebogen auszufüllen. Nach Prüfung durch einen Arzt soll in-nerhalb weniger Minuten online ein herunterladbares PDF-Testzertifikat zur Verfügung gestellt werden.

  2. Es wird grundsätzlich wie nach Ziffer 1 verfahren, wobei vom Arzt zusätzlich per Videochat verifiziert wird, dass der Selbsttest korrekt ausgeführt wurde.

  3. Daneben besteht noch die Möglichkeit, den Online-Selbsttest unmittelbar während des Vide-ochats unter Beobachtung eines Arztes durchzuführen.

Unter Verweis auf ein kursierendes Rechtsgutachten wird ausdrücklich behauptet, dass die nach den jeweiligen Testverfahren ausgestellten Zertifikate den gesetzlichen Anforderungen für den erforderlichen Testnachweis der 3G-Regelungen nach § 2 Nummer 7 c) der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung („SchAusnahmV“) entsprächen, da dieser § 2 Nummer 7 c) SchAusnahmV lediglich eine durch einen Arzt überwachte Selbsttestung erfordere. Eine Überwachung in Echtzeit und insbesondere unmittelbar vor Ort sei aber nicht erforderlich. Das danach erstellte Testzertifikat genüge deshalb insbesondere als 3G-Nachweis für das Betreten der Arbeitsstätte.

Dies ist jedoch nicht der Fall: Überwachte Selbsttestungen gemäß § 2 Nummer 7 c) SchAusnahmV zählen nur dann als 3G-Nachweis, wenn sie unmittelbar vor Ort – insbesondere nicht bloß digital – beaufsichtigt werden. Dies ist in § 6 Absatz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 3 der Coronavirus-Testverordnung TestV geregelt. Arbeitnehmer, die einen Testnachweis eines solchen Online-Selbsttests vorlegen, erbringen nicht den erforderlichen Testnachweis gemäß § 28b Abs. 1 S. 1 IfSG und dürfen damit die Betriebsstätte nicht betreten. Ein Vergütungsanspruch entfällt in solchen Fällen. Wird wiederholt ein solcher unbrauchbarer Nachweis eines Online-Selbsttests vorgelegt, kommen weitere arbeitsrechtliche Schritte wie Abmahungen bis hin zu Kündigungen in Betracht.

Maßgebliche Rechtslage

Arbeitnehmer dürfen Betriebsstätten gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG nur dann betreten, wenn sie u.a. einen Impfnachweis, Genesenennachweis, oder einen Testnachweis mit sich führen, bereit halten, oder beim Arbeitgeber hinterlegen. Die gesetzliche Regelung stellt hinsichtlich des Testnachweises auf § 2 Nummer 7 SchAusnahmV ab, wobei gemäß § 2 Nummer 7 c) SchAusnahmV als Testung u.a. eine solche anerkannt wird, die von einem Leistungserbringer (z.B. einer Arztpraxis bzw. einem Arzt) nach § 6 Absatz 1 TestV vorgenommen oder überwacht wurde. Zwar ist den Anbietern von Online-Selbsttests insoweit Recht zu geben, dass § 2 Nummer 7 c) SchAusnahmV nicht unmittelbar die Art und Weise der Testüberwachung regelt, jedoch ergibt sich dies aus den weiteren Verweisungen. Denn Leistungserbringer ist nach § 6 Abs. 1 TestV, auf den § 2 Nummer 7 c) SchAusnahmV verweist, nur derjenige, der Leistungen nach § 1 Abs. 1 TestV erbringt. In § 1 Abs. 1 S. 3 der TestV findet sich schließlich die maßgebliche Regelung, die die Mindestanforderungen – eine vor Ort-Überwachung – regelt:

„Zur Diagnostik können nach Maßgabe dieser Verordnung und der Teststrategie des Bundesministeriums für Gesundheit eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis, eine variantenspezifische PCR-Testung oder eine Diagnostik durch Antigen-Test gehören. Zur Diagnostik durch Antigen-Test gehören

  1. eine Labordiagnostik mittels Antigen-Test,

  2. ein Antigen-Test zur patientennahen Anwendung durch Dritte (PoC-Antigen-Test) oder

  3. ein Antigen-Test zur Eigenanwendung, dessen Durchführung von einem Leistungserbringer nach § 6 vor Ort überwacht wird (überwachter Antigen-Test zur Eigenanwendung).“

Dieses Ergebnis wird durch die Begründung des maßgeblichen Referentenentwurfs (S. 24; abrufbar hier) bestätigt. Dort wird ausdrücklich festgehalten, dass digitale Lösungen bzw. videoüberwachte Selbsttestungen nicht von der TestV gedeckt sind:

„Zur Diagnostik durch Antigen-Tests nach Satz 3 gehören eine Labordiagnostik mittels Antigen-Test, ein Antigen-Test zur patientennahen Anwendung durch Dritte (PoC-AntigenTest) oder ein Antigen-Test zur Eigenanwendung, dessen Durchführung von einem Leistungserbringer nach § 6 vor Ort überwacht wurde (überwachter Antigen-Test zur Eigenanwendung). Digitale Lösungen (insbesondere App-basierte Lösungen) für videoüberwachte Selbsttestungen sind davon ausgenommen. Mit dem ausdrücklichen Ausschluss von digitalen Lösungen für videoüberwachte Selbsttestungen wird klargestellt, dass diese Geschäftsmodelle nicht von der TestV gedeckt sind und daher nicht über die TestV abgerechnet werden können.“

So ist es nur folgerichtig, dass auch das Bundesministerium für Gesundheit klarstellt, dass Testnachweise im Sinne der SchAusnahmV, die in Deutschland im Rahmen von impf-, genesenen- oder testnachweisbezogenen Schutzkonzepten (sogenannte 3G-Konzepte) verwendet werden sollen, nicht auf einer bloßen videoüberwachten Selbsttestung beruhen dürfen (Stand: 24. November 2021; abrufbar hier). Dies muss dann erst Recht für nur mittels Foto und Fragebogen dokumentierte Selbstests gelten, die ebenfalls im Rahmen der Online-Selbsttests angeboten werden.

 

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